Schrottplätze

Original-Ersatzteile vom freundlichen Audi-Händler sind No-Name-Reproteilen selbstverständlich immer vorzuziehen - nur leider oft relativ teuer,
sofern sie überhaupt noch irgendwo erhältlich sind.

Bei älteren Fahrzeugen kann der Zeitwert schnell erreicht oder sogar überschritten werden,
wenn elektronische oder mechanische Fahrzeugkomponenten ersetzt werden müssen.
Dies gilt auch dann, wenn z.B. kleinere Unfallschäden zeitwertgerecht instandgesetzt werden sollen.
Eine Alternative zu teuren Neuteilen ist dann der Kauf gebrauchter Fahrzeugteile bei der örtlichen Autoverwertung.

Wer häufiger Teile bei Autoverwertern holt, wird die "Spielregeln" der Verwerter kennen.
Allen Anderen sind vielleicht für den einen oder anderen Tip dankbar, um Mißverständnisse zu vermeiden.

Tip 1: der Schrauber vor Ort

Basis ist vernünftige Arbeitskleidung - Monteurlatzhose oder wenigstens ein paar alte, strapazierfähige Jeans;
Sicherheitsschuhe mit benzinfester + durchtrittsicherer Sohle sowie Arbeitshandschuhe kennzeichnen den Profi.
Die Wracks stehen meist eng beieinander, zerbrochene Scheiben und scharfkantige Blechteile sorgen schnell für unnötige Verletzungen.

Genauso wie Haustiere haben Kinder auf dem Platz einer Autoverwertung absolut nichts zu suchen !
Sie begreifen eine Autoverwertung selbstverständlich als Abenteuerspielplatz, ohne die enormen Gefahren,
die von den (oft gestapelten) Wracks ausgehen, realistisch einschätzen und vermeiden zu können.
Darüber hinaus erfolgt jeder Besuch dort auf eigene Gefahr !

Auf jeden Fall ist es empfehlenswert (auch ohne nahen Termin für die HU) regelmäßig beim Verwerter nach entsprechenden "Neuzugängen" zu fragen,
oder vielleicht sogar die Telefonnummer zu hinterlassen, um (wenn möglich) gleich informiert zu werden, falls mal etwas Passendes angeliefert wird.

Tip 2: geeignetes Werkzeug

Ebenso wichtig ist die eigene Werkzeugausrüstung, ohne die ein fachgerechtes Ausbauen von Ersatzteilen aus abgestellten Wracks nicht möglich ist.

Viele Verwerter bauen zwar auch selbst aus und betreiben Lagerhaltung,
diese Teile sind im Schnitt allerdings teurer wie selbst Demontiertes,
noch dazu wird nur auf Lager gelegt, was sich auch regelmäßig verkauft.

Manche Verwerter leihen Ihren Kunden die benötigten Werkzeuge, oft gegen Pfand - dies kann aber keinesfalls vorausgesetzt werden !
Üblicherweise sind diese Werkzeuge allerdings stark verschlissen,
was zur Beschädigung des auszubauenden Teiles und unnötigen Verletzungsgefahren führen kann.
Wer ohne Werkzeug auf einen Schrottplatz geht, ist schlicht selbst schuld !

Ein grober Fauxpas ist auch, andere Schrauber auf dem Platz "mal eben" um dessen Werkzeuge zu bitten:
da soll jemand seine eigene Arbeit einstellen, um die Vergeßlichkeit eines Fremden zu kompensieren ?
Noch dazu läuft derjenige, der sein (womöglich teures) Werkzeug verleiht,
selbstverständlich auch immer Gefahr, daß "vergessen" wird, es auch wieder zurückzugeben...

Der gute Schrauber gibt sein Werkzeug in der Regel nicht aus der Hand.

Zu empfehlen ist folgende Grundausrüstung:

- Satz Schraubendreher mittlerer Größe, Schlitz & Kreuzschlitz
- Satz Gabel-Ringschlüssel (bei älteren Autos reichen die Größen 8, 10, 13, 15, 17, 19)
- Seitenschneider
- Ratschenkasten
- Teppichmesser (z.B. um einen Kabelbaum aufzutrennen)
- Wasserpumpenzange
- Hammer

Für viele "Operationen" dürften diese Werkzeuge ausreichend sein.
Trotzdem ist es empfehlenswert, sich vorher im Internet oder bei Werkstätten zu informieren,
wie benötigte Teile fachgerecht ausgebaut werden und welches Werkzeug hierfür benötigt wird,
beispielsweise wird zum Ausbau einer Antriebswelle der passende Vielzahn in passender Länge benötigt.

Die Plätze der größeren Autoverwertungen sind teilweise deutlich ausgedehnter als Fußballfelder.
Transportprobleme sind mit vor Ort verfügbaren, ausrangierten Einkaufswagen oder Schubkarren oft kein Thema.

Falls nicht, muß man oft mehrmals laufen, um alle demontierten Teile bis zur Kasse zu tragen.
Nicht selten fehlt nach dem ersten Gang dann der Werkzeugkasten - oder es hat sich ein anderer Besucher gefreut,
ein Teil nicht erst selbst ausbauen zu müssen...
Eine Begleitperson ist in solchen Fällen nie verkehrt.

Tip 3: Etikette & Manieren

Viele Verwerter schätzen es absolut nicht, wenn ohne Anmeldung und vorherige Nachfrage auf den Platz gelatscht und Teile aus Wracks ausgebaut werden.
Im besseren Fall wird mehr oder weniger freundlich auf die Platzordnung hingewiesen, im schlechteren Fall kann auch ein Platzverweis ausgesprochen werden.

Der Teilebedarf sollte also tunlichst vorher mit dem Platzpersonal abgesprochen werden,
ein höfliches "Guten Tag" im Büro oder an der Kasse hat auch noch nie geschadet.

Tip 4: Preise vor Ort

Vor dem Ausbau von Ersatzteilen sollte mit dem Verwerter über den Preis gesprochen werden.
Hält man dem Verwerter bereits ausgebaute Teile unter die Nase, besteht meist keine sonderlich große Verhandlungsbasis mehr.
Der Verwerter vermutet nämlich (meist zu recht), daß sein Preis dann (zähneknirschend) akzeptiert wird.

Über die Neupreise der benötigten Teile sollte man vorab ungefähr informiert sein.
Das hilft, bei überzogenen Preisvorstellungen argumentieren zu können....oder ohne allzu großen Zeitverlust woanders hinzugehen.

Tip 5: Infrastruktur & Organisation

Es lohnt durchaus, vorab online oder telefonisch wichtige Dinge wie Öffnungszeiten, Verfügbarkeit und Preisvorstellungen für Teile zu erfragen.

Vor allem weniger geübte Bastler verschätzen sich mit dem Zeitbedarf für den fachgerechten Ausbau von Teilen.
Andererseits ist Zeitdruck ein Garant für zunehmende Verletzungsgefahr und das Ruinieren der eigentlich benötigten Teile.

Daher ist es empfehlenswert, den Zeitbedarf unter Einbeziehung der Öffnungszeiten generell so großzügig wie möglich zu kalkulieren.
Eventuell fällt einem beim Schrauben ein weiteres Teil in´s Auge, das man ja eigentlich auch noch brauchen könnte...

Tip 6: Beschädigen von Teilen oder Fahrzeugen

In der Regel wird es kein Problem sein, wenn beim Ausbau eines Teils versehentlich (!) ein benachbartes Teil beschädigt wird.

Andererseits gibt es leider mehr als genug Vandalen, die aus Dummheit und Ignoranz mutwillig zerstören, was sie selbst nicht brauchen.
Niemand sollte sich daher wundern, wenn der Verwerter darauf besteht, solchermaßen mutwillig beschädigten Teile bezahlt zu bekommen.

Auch wird es gar nicht gerne gesehen, wenn z.B. komplette Armaturenbretter zerrupft werden, nur um an ein paar gebrauchte Birnchen heranzukommen.
Die Grenze zur Sachbeschädigung kann aus Sicht des Verwerters (es ist sein Eigentum !) schnell überschritten sein.
Bei entsprechender Schadenshöhe kann daher tatsächlich eine Anzeige drohen, wenn sich ein Kunde unwillig zeigt,
im Nachhinein die selbst zerstörten und damit nun unverkäuflichen Bauteile zu bezahlen.

Letztlich schadet der Gedanke nicht, daß andere Schrauber vielleicht genau die Teile verzweifelt suchen, die man gerade achtlos weggerissen hat.

Tip 7: Gewährleistung

Zwar muß ein Verwerter für die gebraucht verkauften Teile theoretisch mindestens ein Jahr Gewährleistung übernehmen.
Schlecht, wenn teuer gekaufte, nicht funktionierende Teile dann nicht zweifelsfrei als beim Verwerter gekauft identifiziert werden können.
Eine dauerhafte Kennzeichnung der Teile durch den Verwerter (z.B. mittels Sprühdose) vermeidet spätere Probleme.

Daß immer wieder manche kriminellen Zeitgenossen versuchen, die eigenen, defekten Teile am nächsten Tag einzutauschen oder "zurückzugeben",
ist eine besonders kurzsichtige + dummdreiste Masche, auf die wohl nicht näher eingegangen werden muß.

Zu beachten ist noch, daß sich viele elektronische Komponenten - vor allem modernerer Fahrzeuge - nicht (oder nicht ohne Weiteres) in ein anderes Fahrzeug "verpflanzen" lassen.
Vor allem Radios und Steuergeräte müssen oft vor dem Ausbau mit geeigneter Software "entheiratet" werden,
damit sie später - wieder mit entsprechender Software - in einem anderen Fahrzeug funktionsfähig installiert werden können.

Im Zweifel kann eine vorherige Rücksprache bei der Vertragswerkstatt klären, welche Besonderheiten bei Steuergeräten oder Radios zu beachten sind.

Tip 8: Gefahrgut & sicherheitsrelevante Teile

Der Gebrauchtkauf sicherheitsrelevanter Teile ist nur dann sinnvoll, wenn deren Qualität & Brauchbarkeit zweifelsfrei festzustellen sind.

Airbags und Gurtstraffer unterliegen der Sprengstoffverordnung, ein Gebrauchtverkauf ist daher strikt verboten.
Mißachtung oder Unkenntnis der Sicherheitsbestimmungen bei Demontage oder Montage dieser Systeme sind lebensgefährlich !
Selbst der Transport dieser Systeme im ausgebauten Zustand ist ohne entsprechenden Sachkundenachweis und originale Versandverpackung verboten
und wird mit hohen Bußgeldern geahndet.

Ebenso ist das Lösen von Leitungen unter Druck stehender Klimaanlagen lebensgefährlich !

Teile von Bremsanlagen, Fahrwerk, Rädern, Reifen oder Lenkung sind insbesondere aus Schrott- oder Unfallfahrzeugen äußerst kritisch zu betrachten.

Haarrisse, innere Schäden oder Verzug sind durch Augenschein nicht immer zuverlässig feststellbar und bedeuten Lebensgefahr bei Wiederverwendung.
Wer auf dem Schrottplatz gebrauchte Bremsbeläge holt, sollte entweder sein Hobby oder seine finanzielle Lage grundlegend überdenken.

Teile aus Unfallfahrzeugen bergen weitere Risiken: elektrische und elektronische Komponenten können durch Kurzschlüsse defekt sein,
Motoren, Nebenaggregate und Teile des Antriebsstrangs können - gerade bei Unfallautos - Verformungen, Haarrisse oder andere Schäden davongetragen haben,
die in der Folge zum Versagen der Bauteile führen.

Defekte Gebrauchtteile können nach Montage am eigenen Fahrzeug dort weitere Folgeschäden hervorrufen.

Aus den vorgenannten Gründen sollte vor dem Ausbau von Fahrzeugteilen aus Wracks mit dem Personal des Verwerters geklärt werden,
ob die benötigten Komponenten gefahrlos ausgebaut werden können & dürfen.

Tip 9: Diebstahl

Es mag für manche Zeitgenossen einen gewissen Reiz haben, das eine oder andere ausgebaute Teil in der Tasche oder Werkzeugkiste verschwinden zu lassen.
Klar ist vor allem Eines: Betrug & Diebstahl sind strafbar !

So gut wie alle Autoverwertungen sind heute videoüberwacht, alleine schon aus versicherungstechnischen Gründen,
und Gründen der Haftbarkeit - Stichwort: "Betreten auf eigene Gefahr !"

Sich auf dem (womöglich einzigen) Schrottplatz in der Umgebung eine Anzeige incl. Hausverbot einzufangen
wegen einer Handvoll Kleinteile in der Hosentasche wäre ein an Kurzsichtigkeit kaum zu überbietendes Unterfangen.

Tip 10: Betriebsflüssigkeiten

Normalerweise müssen alle Fahrzeuge, die allgemein zugänglich sind, vom Verwerter von allen Betriebsflüssigkeiten befreit sein.
Im Einzelfall kann das aber auch einmal nicht so sein, stellenweise können auch noch Restmengen in Tanks und Leitungen vorhanden sein !

Daß alleine schon aus diesen Gründen auf Schrottplätzen absolutes Rauchverbot herrscht, sollte eigentlich einleuchten.

Abgesehen von anderen Gefahren ist es grundsätzlich (strafbarer) Umweltfrevel, wenn beim Ausbau von Teilen der Bremsanlage, der Klimaanlage, Motor,
Servolenkung, Kraftstoffsystem, Kühlsystem oder Getriebe Betriebsflüssigkeiten einfach in die freie Natur abgelassen werden.
Im Zweifel sollte man einfach den Verwerter um ein Gefäß zum Auffangen der Flüssigkeit bitten.

Nicht vergessen: Bremsflüssigkeit greift Lackierungen an !

Tip 11: Hygiene & Sauberkeit

Auf manchen Schrottplätzen stehen rudimentäre Waschmöglichkeiten zur Verfügung.
Es schadet aber sicher nicht, für alle Fälle Ersatzklamotten, ein Handtuch und Handwaschpaste dabeizuhaben.

Auch an eine alte Decke oder Kartons zum Schutz des eigenen Fahrzeugs beim Transport dreckiger oder öliger Bauteile sollte man denken !

Tip 12: Kosten

Jeder Verwerter macht seine eigene Preispolitik, die durchaus auch abhängig von der örtlichen Konkurrenzsituation sein kann.
Gerade die in den letzten Jahren stark angestiegenen Umweltanforderungen an die Verwertungsbetriebe haben umfangreiche Investitionen notwendig gemacht,
die mehr oder minder stark auf die Teilepreise umgelegt werden.

Als grobe Richtlinie gilt: je seltener oder höherwertiger ein Fahrzeug ist, je höher der Einstandspreis des Wracks für den Verwerter war
und je gefragter die Teile sind, desto höher liegen naturgemäß die geforderten Teilepreise.

Im Schnitt liegen die Preise gebrauchter, ausgebauter Teile zwischen 30 - 50% des Neupreises.
Teile, die selbst ausgebaut werden müssen, sind oft etwas günstiger.

Bestimmte Motoren-Einzelteile können oft nicht einzeln gekauft werden.
Logisch, daß der Verwerter lieber die komplette Maschine verkaufen will - ein gefledderter Rumpfmotor ist kaum noch verkäuflich.
Gerade im Exportmärkten wie Afrika und Osteuropa sind komplette Motoren gefragtes Gut.

Da bei weitem noch nicht auf jedem Schrottplatz mit EC-Karte bezahlt werden kann, empfiehlt es sich, entsprechend Bargeld mitzunehmen.

Tip 13: Kleinteile

Viele unscheinbare Kleinteile kosten im Teilehandel oder beim Vertragshändler vergleichsweise viel Geld, so z.B. Relais,
spezielle Schrauben, Kunststoffclips oder auch Betriebsanleitungen.

An der Kasse eines Schrottplatzes wird (wenn überhaupt) meist nur eine kleine Gebühr für solchen "Beifang" fällig,
die in keinem Verhältnis zum Ladenverkaufspreis steht; oft heißt es sogar "Das kannste so mitnehmen..."

Sich dies vor Augen zu halten, wenn man nach getaner Arbeit noch einmal um ein Schlachtfahrzeug schleicht,
kann womöglich irgendwann der Sucherei nach einem verlorenenen Halteclip daheim am eigenen Auto den Schrecken nehmen.

Und: vielleicht kann man ja mit dem ein- oder anderen Kleinteil auch mal einem Markenkollegen aushelfen...